Der Charakter des Propheten Muhammad und seine moralische Integrität
Wenn ein Mensch große Leistungen vollbringt oder sich Reichtum und Ruhm erarbeitet und sich dabei trotzdem nicht verändert, wenn er so demütig bleibt, wie er es zu Beginn seines Aufstiegs war, dann zeigt dies die Stärke seines Charakters, seiner Moral und seiner Tugendhaftigkeit. Trotz der unvergleichlichen Leistungen des Propheten Muhammad, die sogar seine Gegner dazu zwingen, ihn an die oberste Stelle der Liste der bedeutendsten Menschen in der Geschichte zu setzen, war der Gesandte Gottes bei seinem siegreichen Einzug in Mekka ärmer und demütiger als noch zu Beginn seiner Prophetenschaft.
Das Gesicht enthüllt die innere Welt und den Charakter des Menschen. Diejenigen, die den Propheten Muhammad mit eigenen Augen sahen, mussten seine Erscheinung ganz einfach bewundern und, jedenfalls wenn sie unvoreingenommen waren, seine Vertrauenswürdigkeit anerkennen. Abdullah ibn Salam, der berühmteste jüdische Gelehrte seiner Zeit, glaubte bereits an ihn, als er ihn zum ersten Mal sah, und sagte: "Jemand mit einem solchen Gesicht kann nicht lügen!"
Würde ein Glühwürmchen behaupten, es sei die Sonne, hätte seine Lüge nur bis Sonnenaufgang Bestand. Im Türkischen sagt man, dass die Kerze eines Lügners nur bis zur Zeit des Nachtgebets brennt (soll heißen: Lügen sind kurzlebig.). Ein Betrüger, der vorgibt, ein Prophet zu sein, wird deshalb rasch überführt werden, und niemand wird ihn als einen wahren Propheten akzeptieren.
Gewöhnliche Menschen können schon in einer kleinen Gruppe nicht schamlos und unverhohlen lügen, ohne sich zu verraten. Der Prophet Muhammad aber forderte gleich alle Menschen bis zum Jüngsten Tag heraus. Er hielt viele Reden vor großem Publikum. Dies tat er gelassen und ungezwungen, sehr aufrichtig und feierlich und so ernst und erhaben, dass er damit seine Feinde provozierte. Zaudern oder Angst waren ihm hingegen fremd.
Kein Analphabet kann über Themen reden, die Fachwissen erfordern - erst recht nicht mit Spezialisten. Der Prophet Muhammad sprach jedoch über Theologie und Metaphysik ebenso wie über Medizin, Geschichte, Physik und Biologie, und nie wurde ihm widersprochen. Er forderte alle seine Gegner dazu auf, auch nur eine einzige Sure von der Qualität des Koran hervorzubringen, aber niemand war dazu in der Lage.
Niemand, der nicht nach mehr Reichtum oder Ansehen strebt, würde sein Leben, seinen Wohlstand und seinen Ruf aufs Spiel setzen oder große Unannehmlichkeiten und Verfolgungen in Kauf nehmen. Der Prophet Muhammad aber war, schon bevor er die Prophetenschaft für sich beanspruchte, wohlhabend und respektiert. Während seiner Prophetenschaft sah er sich mit allen Arten von Unannehmlichkeiten und Verfolgungen konfrontiert und stellte alles, was er besaß, in den Dienst seiner Aufgabe. Seine Feinde verleumdeten ihn, verspotteten ihn und schlugen ihn. Schließlich vertrieben sie ihn aus seiner Heimat und erhoben die Waffen gegen ihn. All das ertrug er ohne zu klagen und bat Gott, den Allmächtigen, seinen Feinden zu vergeben. Sein Ziel war einzig und allein, dass alle Menschen an Gott glaubten, Ihn anbeteten und somit in beiden Welten Erfolg haben und von den Qualen der Hölle verschont würden.
Die Geschichte hat viele führende Persönlichkeiten kommen und gehen sehen, die über keine große ergebene Anhängerschaft verfügten, weil sie selbst nicht das praktizierten, was sie predigten oder propagierten. Ihre Ideen hinterließen keinen bleibenden Einfluss auf die Menschen, und die Systeme, die sie errichteten, waren nicht von Dauer. Der Prophet Muhammad hingegen praktizierte das, was er andere lehrte, auch selbst absolut aufrichtig und ehrlich. Er war der gehorsamste Verehrer des Schöpfers, und er beachtete die religiösen Gebote strikt. Er war also ganz und gar von seiner Mission überzeugt. Er ist der Bote Gottes, der der Menschheit gesandt wurde, um sie auf den Weg der Wahrheit zu führen.
Der Charakter des Menschen wird normalerweise bis zu seinem 30. Lebensjahr geprägt, danach verändert er sich nicht mehr besonders stark. Seinen Charakter nach dem 40. Lebensjahr grundlegend zu verändern, ist praktisch unmöglich. Wenn der Charakter Muhammads irgendeine Unvollkommenheit oder irgendeinen Makel aufgewiesen hätte - Gott bewahre vor einem solchen Gedanken! -, dann hätte sich das mit Sicherheit schon vor seiner Prophetenschaft bemerkbar gemacht. Wäre es denn tatsächlich logisch, dass jemand, der vor seinem 40. Lebensjahr als ein absolut aufrichtiges und ehrenhaftes Mitglied der Gemeinschaft anerkannt war, sich plötzlich, im Alter von 40 Jahren, in einen Lügner und Betrüger an seinem eigenen Volk verwandelt?
Lügner und Betrüger sind nicht dazu in der Lage, eine ergebene Gefolgschaft um sich zu scharen, die bereit wäre, sich für sie aufzuopfern. Selbst Moses und Jesus besaßen keine so treue Anhängerschaft. Die Juden hintergingen ihren Propheten, als er sie 40 Tage lang sich selbst überließ, um auf dem Berg Sinai die Thora in Empfang zu nehmen. Zu jener Zeit beteten sie ein goldenes Kalb an, das Samiri für sie gebaut hatte. Selbst nach so vielen Jahren der intellektuellen und spirituellen Ausbildung in der Wüste befolgten lediglich zwei gottesfürchtige Männer Moses Befehl, gegen die Amalekiter, das Volk Goliaths, zu kämpfen. Und was Jesus betrifft, so verriet ihn einer seiner ihm so ergebenen 12 Jünger und lieferte ihn seinen Feinden aus.
Die Gefährten Muhammads waren jedoch so loyal, dass sie ihm zuliebe alles andere aufgaben. Obwohl sie unter einem primitiven Volk und in einer Atmosphäre der Unwissenheit aufgewachsen waren, obwohl sie keinerlei positive Vorstellungen von einem gesellschaftlichen Leben, von Verwaltung oder von einer Offenbarungsschrift besaßen und obwohl sie in spiritueller und intellektueller Finsternis versunken waren, formte der Prophet Muhammad sie in kürzester Zeit zu Lehrmeistern und gerechten Herrschern der zivilisiertesten und auf sozialer und politischer Ebene fortschrittlichsten Völker und Staaten. Die Herrschaft dieser Menschen wurde seitdem immer wieder bewundert - selbst von jenen, die dem Islam und den Muslimen ansonsten negativ gesinnt sind.
Die Generationen, die den Gefährten folgten, brachten außerdem unzählige auf der ganzen Welt anerkannte Gelehrte, weltberühmte Wissenschaftler und erhabene spirituelle Meister hervor. Wie hätten sie denn nicht nur die großartigste Zivilisation jener Zeit, sondern die großartigste Zivilisation aller Zeiten begründen können, wenn sie einem Lügner gefolgt wären? Gott bewahre uns vor einem solchen Gedanken!
Der Prophet Muhammad bot in puncto moralisches Handeln und Tugendhaftigkeit ein vollkommenes Vorbild. Er ging aus einem Wüstenvolk hervor, das auf der untersten Stufe der Zivilisation stand und sich der Unmoral verschrieben hatte. Wer soll aus ihm denn einen so tugendhaften Menschen gemacht haben? Sein Vater starb noch vor seiner Geburt und seine Mutter, als er gerade sechs Jahre alt war. Danach übernahmen sein Großvater und sein Onkel seine Erziehung. Aber wie hätten sie ihm eine Vollkommenheit vermitteln können, die sie doch selbst in diesem Maße gar nicht besaßen? Sein Lehrer war Gott, wie er selbst sagte:
Mein Herr hat mich erzogen und mich gute Umgangsformen gelehrt. Wie gut Er mich doch erzogen und wie wunderschön hat Er mich gute Umgangsformen gelehrt hat!
Die Menschheitsgeschichte hat schon viele tugendhafte Persönlichkeiten erlebt. Niemand jedoch vereinte alle Tugenden und guten Eigenschaften auf so vollkommene Weise in einer Person wie der Prophet Muhammad. Viele großzügige Menschen haben nicht genug Mut bewiesen, wenn es angebracht gewesen wäre. Und viele mutige Menschen waren nicht nachsichtig und großzügig genug. Der Prophet Muhammad hingegen vereint in seiner Person alle Tugenden und lobenswerten Eigenschaften.
Tugendhaftigkeit und gute Moral erfordern darüber hinaus Ausgeglichenheit. Wenn Großzügigkeit zum Beispiel ihre Grenzen überschreitet, wird sie zu Extravaganz. Sparsamkeit verwandelt sich dann in Geiz; aus Mut wird Unbesonnenheit, und Intelligenz wird zuweilen mit Dialektik oder Demagogie verwechselt. Tugendhaftigkeit braucht das Wissen, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Selbstachtung, die sich ein schwacher Mensch gegenüber einem starken Menschen auferlegt, wird zu Eigendünkel, wenn der Starke sie sich anmaßt. Bescheidenheit, die ein starker Mensch vor einem schwachen Menschen an den Tag legt, verkommt bei einem schwachen Menschen zu Selbsterniedrigung. Geduld und der freiwillige Verzicht auf eigene Rechte sind Tugenden; geduldig zu sein und zu verzichten, wenn man im Namen anderer auftritt, grenzt hingegen an Verrat. Ein Mensch mag bei allem, was ihm persönlich angetan wird, nachsichtig sein; unentschuldbar wäre jedoch, als Repräsentant einer Nation Nachsicht zu üben. Stolz und Empörung im Namen einer Nation sind lobenswert, für uns selbst aber ziemen sie sich nicht.
Der Prophet Muhammad war in seinen Tugenden und guten moralischen Eigenschaften völlig ausgeglichen. Er war überall dort mutig, wo es angebracht war, während er unter den Menschen sanft, verzeihend und bescheiden auftrat. Er war ausgesprochen würdevoll, aber auch ein sehr liebenswürdiger Mensch. Niemand war großzügiger als er. Aber er war auch sparsam und verurteilte Verschwendungssucht. Kurzum: In seiner Person spiegelte sich ein perfektes Gleichgewicht aller Tugenden und guten Eigenschaften.
Muslimischen Theologen zufolge gibt es sechs Punkte, die einen Propheten auszeichnen: Wahrheitsliebe, Vertrauenswürdigkeit, Übermittlung der Anweisungen Gottes, Intelligenz, Unfehlbarkeit und Nichtvorhandensein von körperlichen und mentalen Mängeln. Dem Propheten Muhammad waren alle diese sechs grundlegenden Eigenschaften in vollkommener Weise eigen.
Jeder Mensch muss in seinem Leben schnell Entscheidungen treffen, die in der Zukunft Probleme nach sich ziehen können. Die Leistungen, die der Prophet Muhammad in nur 23 Jahren vollbrachte, sind in der gesamten Menschheitsgeschichte ohne Parallele. Er handelte niemals zögerlich, und all seine Entscheidungen erwiesen sich im Nachhinein als richtig.
Alles, was er tat und sagte, zielte nicht nur auf seine eigene Zeit, sondern betraf sowohl sein eigenes Volk als auch alle zukünftigen Generationen unabhängig von Zeit und Raum. Weil nicht ein einziger seiner Aussprüche bis zum heutigen Tag entkräftet wurde, steht es auch niemandem zu, seine Handlungen, Aussprüche und Entscheidungen zu kritisieren. Kann denn jemand, der kein von Gott, dem Allmächtigen, unterwiesener Prophet ist, wirklich so viel Intelligenz, Voraussicht, Einsicht, Weisheit und einen so gesunden Menschenverstand besitzen?
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