Warum hörte Fethullah Gülen Anfang der 90er Jahre auf, Vorträge und Predigten vor großen Menschenmengen zu halten?
1989 wurde Gülen vom Amt für religiöse Angelegenheiten dazu aufgefordert, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Seine Lizenz wurde wieder aktiviert, womit man ihm ermöglichte, als emeritierter Prediger in jeder Moschee in der Türkei zu predigen. Zwischen 1989 und 1991 tat er dies freitags in Istanbul und abwechselnd jeden zweiten Sonntag in Istanbul und in Izmir, jeweils in den größten Moscheen dieser Städte. Seine Predigten zogen Zehntausende von Menschen an, ein vergleichbares Phänomen hatte es in der türkischen Geschichte nie zuvor gegeben. Die Ansprachen wurden auf Videobändern aufgezeichnet und auch im Rundfunk ausgestrahlt.
Zu Beginn der 90er Jahre deckte die Polizei jedoch eine Reihe von Verschwörungen militanter islamistischer Randgruppen und anderer kleinerer ideologischer Gruppen auf, die offenbar planten, Gülen zu ermorden. Außerdem setzten diese Gruppen Provokateure ein, die rund um die Moscheen, in denen er predigte, Unruhe stiften sollten, sobald sich die Massen nach Beendigung der Veranstaltung wieder zerstreuten. Weil Gülen aber seine Zuhörer warnte und weil die Bewegung bereits über Erfahrung in der Organisation friedlicher Veranstaltungen verfügte, schlugen diese Versuche fehl, und die Polizei kümmerte sich um die Provokateure.
Ab 1991 verzichtete Gülen dann erneut darauf, vor großen Menschenmengen in der Moschee zu predigen. Er spürte, dass gewisse Kreise versuchten, das Auftreten seiner Person und der Mitwirkenden in der Bewegung bei diesen großen öffentlichen Zusammenkünften für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Allerdings blieb Gülen im Gemeinschaftsleben aktiv. Er unterrichtete kleinere Gruppen und nahm auch weiterhin an den gemeinschaftlichen Aktionen der Bewegung teil.
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