Die Welt und was Sie uns Zu Bieten Hat
Diese Welt ist ein wundervolles Schiff, das im Strom des weiten Universums dahintreibt. Sie ist der Ort, an dem wir leben und an dem wir spüren, dass wir existieren. Diese Welt ist aber auch ein warmes, mit belebten wie unbelebten Schmuckstücken verziertes Domizil. Sie ist eine Bibliothek, in der Millionen und Abermillionen von in den unterschiedlichsten Sprachen verfassten Büchern stehen, die allesamt von unserem Schöpfer künden. Dieses Domizil ist wärmer als ein Raum, der von der Liebe einer Mutter erfüllt ist, und sicherer und sanfter als eine Wiege, die von einer Mutter geschaukelt wird. Mit ihren Gärten, die nichts anderes als Projektionen des Paradieses sind, und ihren Prunkstücken, die es jenen, die sehen können, ermöglichen, das Unsichtbare zu schauen, ist diese Welt ein bewegliches Observatorium.
Diese Welt ist ein einzigartiger Ort, der die Essenz, die Bedeutung und die Werkstoffe des Universums zur Schau stellt, ein Blatt Papier mit abwechslungsreichen Mustern von Geschöpfen und Geschehnissen, eine liebenswerte Heimat für Menschen und Dschinn (eine Spezies unsichtbarer Wesen, die im Koran erwähnt werden und die wie die Menschen über einen freien Willen verfügen) und eine Arena der Prüfung für das Jenseits. Auf dem Boden unserer Erde wachsen gute und schlechte Taten, deren Früchte in die kommende Welt geschickt werden.
Insofern ist die Erde also mehr als ein Domizil - gewissermaßen eine Fabrik und ein Markt mit einem Tor zur Welt des Jenseits. Hier wird gesät und bereits geerntet. In erster Linie allerdings wird auf der Erde die Nahrung für die lange Reise ins Jenseits zubereitet. Hier werden die strahlenden Schmuckstücke und die Waren, die einst auf den Märkten des Jenseits ausgestellt werden sollen, gefertigt. Schon hier werden sie allem Erschaffenen vorgeführt; später dann werden sie den gläubigen Menschen in ihren ewigen Quartieren dargeboten. Diese Welt ähnelt einem Regenwald, der von den Niederschlägen der Gnade bewässert und von den Winden der Barmherzigkeit berührt wird. Sie ist eine Tafel, auf die die Pracht und der ganze Ruhm des Jenseits projiziert wurden. Wir betrachten das Licht des Jenseits, das sich über diese Tafel ergießt. Der Kreislauf von Winter und Frühling gemahnt uns an den Tod. Jede Nacht sterben wir als Individuum, jeden Winter als Gruppe; an jedem Morgen und in jedem Frühling erwachen wir zu neuem Leben. Dieser Kreislauf kennt kein Ende und erinnert uns stets an das ewige Leben.
In dieser Welt steht das Positive oft direkt neben dem Negativen. Gute Taten werden von schlechten Taten überdeckt, Licht und Schatten wechseln einander in schneller Folge ab usw.. Für diejenigen jedoch, die immer das Gute sehen und optimistisch sind, sind die positiven Aspekte stets ausgeprägter, nachhaltiger, begehrenswerter und attraktiver. Aber auch die negativen Aspekte, die uns missfallen, kommen uns zu Gute, nämlich durch die Resultate, die sie erbringen, und durch ihre versteckten, subtilen Aspekte. Sie sind nämlich Quellen guter Taten, weil sie unsere Gefühle auf ungewöhnliche Art und Weise ansprechen, unsere Vorsätze und Ziele schärfen und unserem freien Willen Überraschungen versprechen. Dies lässt sich schön an jenen Elementen aufzeigen, die für sich betrachtet destruktiv sind, in unterschiedlichen Kombinationen jedoch Leben hervorbringen. Geduld, Hingabe und Gehorsam besitzen also durchaus die Macht, Negatives in Positives zu verwandeln.
Verglichen mit den Himmelskörpern und dem Universum und gemessenan unseren eigenen grenzenlosen Ambitionen ist die Welt, in der wir leben, klein. Und dennoch liegt sie im Herzen aller Dinge. Verglichen mit den Gestirnen ist sie lediglich ein Pünktchen, und trotzdem ist sie wertvoller als alle Galaxien. Verglichen mit allem, was existiert und im Äther umher treibt, ist sie nicht mehr als ein Tröpfchen; aber dieses Tröpfchen ist edler als alles, was sich sonst im Universum zusammenfindet. Diese Welt ist das einzigartige Zuhause des Menschen, der als ein vollständiger und transparenter Spiegel der Namen und Attribute Gottes erschaffen wurde. Sie gleicht einer Rampe, die uns ermöglicht, sozusagen in die Welt des Jenseits zu springen.
Gläubige Menschen, die in der Lage sind, den Stellenwert und die Beschaffenheit der Welt vor Gott richtig einzuschätzen, können aus diesem einen Tröpfchen ganze Meere saugen, die so weit sind wie das Universum. Mit Hilfe dieses ,Miniaturuniversums' können sie die Sterne und die Sonne besitzen und die begrenzte Zeit, die sie in dieser Welt verbringen, in ein ewiges Leben verwandeln. All dies ist möglich, wenn wir die Fähigkeiten, die uns anvertraut wurden oder die in der Essenz des Menschseins verborgen liegen, nur auf rechtmäßige Art und Weise nutzen und sie nicht vergeuden.
Diese Welt ist vergänglich. Sie ist ein provisorisches Rasthaus, das die Gäste wieder verlassen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Wie in einem Hotel, in dem ein permanentes Kommen und Gehen herrscht, machen sie Neuankömmlingen Platz. Diese Neuankömmlinge gleichen Rekruten, die zum Militär gehen, um ihren Pflichtdienst abzuleisten. Diejenigen, die ihnen Platz machen wiederum kehren mit einer Lizenz zum ewigen Verweilen in ihre Heimat zurück. Seit dem ersten Menschen gibt es diese Ankünfte und Abreisen. Niemand kann sie stoppen.
Die Unglücklichen, die den Sinn ihres Kommens nicht kennen, erleben nach freudigen ersten Sekunden tragische Stunden. Nach wenigen hoffnungsvollen Momenten werden sie von Verzweiflung übermannt. Eine ganz andere Perspektive bietet sich hingegen den Menschen, die glauben. Sie wissen, wer sie geschickt hat, und versuchen, in Seiner Nähe zu bleiben. Da sie gleichzeitig ihr Ziel kennen, schlagen sie Wege ein, die das Wohlgefallen ihres Ziels finden. Diese trostreiche Perspektive, alles, was geschieht, auf Ihn beziehen zu können, verändert das Universum in ihren Augen, verleiht ihm eine besondere Schärfe, Farbe und Bedeutung. ,Ihr' Universum wird angenehm, attraktiv und strahlend schön. Es verwandelt sich in ein Licht, das in ihre Herzen strömt. Aus ihrem Blickwinkel betrachtet ist die Welt ein Schiff oder auch ein Flugzeug mit dem Bestimmungsort Ewigkeit und ewige Glückseligkeit, eine Bibliothek mit Millionen und Abermillionen von Büchern, eine Ausstellung, die jeden Betrachter verzückt. ,Ihre' Welt gleicht einer Sprache, die Gott ruft.
Für diejenigen, die mit dem Licht des Glaubens sehen, sind all die Schönheiten auf Erden, die so schön inein-ander greifen, unzweideutige Zeichen Gottes. Sie wissen, dass der Mensch diese Zeichen lesen, verstehen und deuten soll. Die Materie weist gläubigen Men-schen, denen es gelingt, durch ein Gleichgewicht von Verstand, Gewissen und Gefühlen zu filtern, den Weg zu den hinter ihr liegenden Geheimnissen. Im Laufe der Zeit ergießen sich die Geheimnisse Gottes in ihre Seelen, und ihre Herzen werden zu Observatorien für die Attribute Gottes. Die Qualen, die ihnen aus der Unkenntnis Gottes entstehen, lassen nach und verschwinden allmählich, bis schließlich alles von Licht umhüllt ist.
Immer dann, wenn wir aus dieser Warte auf die Schöpfung schauen, beginnen wir zu spüren, dass die Geheimnisse des Jenseits unsere Seele durchfluten, und wenden unsere Aufmerksamkeit ganz dem Unsichtbaren zu. Wir verwandeln uns in einen von Ehrfurcht und Bewunderung durchdrungenen Derwisch. Wir erreichen einen Zustand der völligen Harmonie zwi-schen Welt und Jenseits, Materie und Geist, Realität und Traum. Alles kündet von den Abenteuern der Natur und der Menschheit. Wir lauschen, und unser Staunen kennt keine Grenzen mehr.
Harmonie und Ordnung sind so allgegenwärtig, dass wir uns einfach fragen müssen: Können diese Harmonie und diese Ordnung tatsächlich dem Geist jedes einzeln Gegenstands zugeschrieben werden, wenn es denn einen solchen Geist überhaupt gibt? Ob nun alles seinen eigenen Geist oder auch einen eigenen Schutz-engel hat, spielt keine Rolle. Was wir nicht vom Tisch weisen können, ist jedoch die Tatsache, dass alles, was außer uns existiert, eine enge Beziehung zueinander und zu uns unterhält. Wir spüren quasi, dass uns alle Dinge etwas sagen wollen. Wir vernehmen ihre leisen Gesänge, die beredter sind als selbst die schönsten Symphonien. Bei ihren innigen und feinsinnigen Gesprächen halten wir den Atem an. Wir lassen unseren Gefühlen und Gedanken freien Lauf. Jedes einzelne existierende Element ist für uns fortan ein Bote, der uns an etwas erinnern soll. Unsere Aufgabe besteht darin, die Botschaften zu verstehen und uns ent-sprechend zu verhalten.
Aus dem Blickwinkel des Glaubens betrachtet erscheint uns die ganze Schöpfung einschließlich allem, was in ihr vor sich geht, sehr vertraut. Die anderen Lebewesen sind für uns Gefährten und Freunde, denen gegenüber wir Mitgefühl empfinden. Dies macht sich auch auf ihren Gesichtern bemerkbar, und so danken wir dem Schöpfer von ganzem Herzen.
Auf den ersten Blick mag uns manches hart, grausam und schwer durchdringlich vorkommen. Aber wenn wir mit unserem Glauben genauer hinschauen, wird es sogleich freundlicher, schöner und klarer.
Einige Dinge lächeln unentwegt; wie Menschen mit freundlichen Gesichtern und guten Manieren heißen sie jeden willkommen. Man braucht sie nur anzusehen, und sofort öffnen sie uns ihr Herz. Viele von ihnen bewegen sich unbeschwert wie spielende Kinder. Sie schenken Freude und verbreiten eine Atmosphäre der Lebenslust. Manche von ihnen lassen uns dank ihrer außergewöhnlichen Kostbarkeiten unvergessliche Augenblicke erleben und rufen uns zu: "Komm wieder!" Andere präsentieren uns unvorstellbar großzügige Festmahle und wollen uns gar nicht mehr ziehen lassen. Wieder andere mögen nicht immer warm und behaglich sein. Wenn sie aber unsere Hand mit ihren Dornen verletzen, vergessen sie nie, uns zur Wiedergutmachung eine Rose zu schenken.
Tatsächlich steht alles, was wir sehen und wissen, ebenso respektvoll vor uns, wie die Engel einst vor Adam standen. Alle Dinge und Lebewesen verkünden uns, dass sie uns, soweit es in ihrer Macht steht, zu Diensten sind und uns ihre Geheimnisse enthüllen möchten. Und immer zeigen sie auf Ihn, weisen sie auf Ihn hin, sodass man den Eindruck erhält, man befände sich bereits in den Korridoren des Paradieses. Wenn wir ihnen mit Einsicht und Kenntnis begegnen, vermischen sich unsere Gefühle mit der Natur. Wir sehen diese Natur dann, als sei sie in den Farben Seiner schönen Namen und Attribute gestrichen, und wir bemerken, dass sich alles in Poesie verwandelt, und geraten in Ekstase.
Bewundernd nehmen wir die ganze Schöpfung mit einem liebenden Herzen wahr. Wir wandern auf dem Pfad des Lebens dem Ziel der ewigen Glückseligkeit und Freude entgegen. Und ein Tropfen dieser Glückseligkeit wiegt schwerer als alles Glück dieser Welt zusammen. Wir hegen also die gleichen Gefühle, die auch schon die Heiligen empfanden, und in den Worten der Paradiesbewohner sprechen wir: "Aller Dank gebührt Gott, der uns alle Sorgen und Ängste genommen hat. Dank sei Gott, der uns das schönste Heim bereitet hat. Für uns gibt es weder Kummer noch Furcht."
Neben all diesen schönen, paradiesischen Aspekten der Welt, in der wir leben, existieren jedoch auch Seiten, die unserem fleischlichen Selbst schmeicheln, Seiten, die hässlich und unerfreulich sind. Ich habe ganz bewusst darauf verzichtet, diese Seiten hier zu erwähnen, denn schließlich sollte es in diesem Aufsatz, wie der Titel schon sagt, um die Perspektive eines gläubigen Menschen gehen.
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